Umweltschutzrechtliche Auflagen
Die spezifischen Emissionsgrenzen für alle neuen Pkw- und leichten Nutzfahrzeugmodelle sowie die aus den Einzelfahrzeugwerten ermittelten Flottenzielwerte von Marken und Konzernen in den 28 EU-Mitgliedstaaten bis 2019 sind in der seit April 2009 geltenden EG-Verordnung Nr. 443/2009 zu CO2-Emissionen von Pkw und in der seit Juni 2011 geltenden EU-Verordnung Nr. 510/2011 für leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 t festgelegt. Die Verordnungen sind wesentlicher Bestandteil der europäischen Klimaschutzregulierung und bilden damit den entscheidenden ordnungspolitischen Rahmen für die Gestaltung und Vermarktung von Produkten aller auf den europäischen Märkten tätigen Fahrzeughersteller.
Seit 2012 dürfen die durchschnittlichen CO2-Emissionen der europäischen Pkw-Neuwagenflotte eines Herstellers den Wert von 130 g CO2/km nicht überschreiten. Diese Bedingung war schrittweise zu erfüllen: Im Jahr 2015 galt der Grenzwert für die gesamte Flotte. Die 2014 verabschiedete EU-Verordnung Nr. 333/2014 sieht vor, dass die europäische Pkw-Flottenemission ab dem Jahr 2021 nur noch 95 g CO2/km betragen darf.
Die CO2-Regulierung der EU für leichte Nutzfahrzeuge schreibt die Einhaltung von Grenzwerten ab 2014 mit einer schrittweisen Umsetzung bis 2017 vor: Die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Neuzulassungen in Europa dürfen den Wert von 175 g CO2/km nicht überschreiten; im Jahr 2015 betraf das 75 % der Flotte, im Jahr 2016 betrifft es 80 % der Flotte. Ab 2020 liegt der Grenzwert gemäß der 2014 verabschiedeten EU-Verordnung Nr. 253/2014 bei 147 g CO2/km. Die CO2-Regulierungen für leichte Nutzfahrzeuge sehen – ähnlich wie die Regulierungen für Pkw – Ausnahmen vor, beispielsweise Entlastungsmöglichkeiten aufgrund technischer Innovationen im Fahrzeug.
Die EU-Kommission hat die Absicht, bis Ende 2016 das CO2-Regime für die Zeit nach 2020 festzulegen. Politisch diskutiert werden bereits Reduktionsziele für den Verkehrssektor bis 2050, etwa die im EU-Weißbuch für Verkehr vom März 2011 genannte Senkung des Ausstoßes von Klimagasen um 60 % gegenüber 1990. Diese langfristigen Ziele können nur durch den zusätzlichen umfangreichen Einsatz nicht fossiler Energieträger – vor allem in Form regenerativer elektrischer Energie – erreicht werden.
Parallel werden Flottenverbrauchsregulierungen auch außerhalb der EU28 weiterentwickelt oder neu eingeführt, beispielsweise in Indien, Japan, Kanada, Mexiko, Saudi-Arabien, der Schweiz, Südkorea und Taiwan. In Brasilien gibt es im Rahmen eines freiwilligen Programms zur Gewährung eines Steuervorteils ein Flotteneffizienzziel. Um einen 30-prozentigen Steuervorteil zu erreichen, müssen Fahrzeughersteller bis 2017 unter anderem eine durchschnittliche Flotteneffizienz von etwa 1,82 Megajoule/km erreichen. In China wird die Verbrauchsregulierung, die von 2012 bis 2015 (Phase III) mit einem Flottenziel von 6,9 l/100 km im Berichtsjahr galt, für den Zeitraum 2016 bis 2020 (Phase IV) mit einem Ziel von 5,0 l/100 km am Ende dieses Zeitraums weitergeführt. In den USA werden durch die Fortschreibung der Greenhouse-Gas-Gesetzgebung auch im Zeitraum von 2017 bis 2025 einheitliche Kraftstoffverbrauchs- und Klimagasvorgaben in allen Bundesstaaten gelten. Das Gesetz wurde bereits Mitte 2012 vom US-Präsidenten unterzeichnet.
Infolge der zunehmenden flottenbasierten CO2- beziehungsweise Verbrauchsregulierungen ist es notwendig, auf allen wichtigen Märkten weltweit die neuesten Mobilitätstechnologien einzusetzen. Zugleich werden elektrifizierte und auch rein elektrische Antriebsformen zunehmend Verbreitung finden. Der Volkswagen Konzern führt mit seinen Marken eine eng abgestimmte Technologie- und Produktplanung durch, um Zielverfehlungen bei den Flottenverbrauchsgrenzen zu vermeiden, die mit erheblichen Sanktionen verbunden wären. Volkswagen sieht dabei die Dieseltechnologie nach wie vor als wichtigen Baustein zur Erfüllung der CO2-Ziele.
Die EU-Gesetzgebung lässt prinzipiell Flexibilitäten zu, zum Beispiel
- die Verrechnung von Emissionsüberschreitungen und -unterschreitungen zwischen den Fahrzeugmodellen innerhalb einer Neuwagenflotte,
- die Bildung von Emissionsgemeinschaften,
- Entlastungsmöglichkeiten durch Credits, die für zusätzliche innovative Technologien (Ökoinnovationen) im Fahrzeug gewährt werden und außerhalb des Testzyklus wirken,
- Sonderregelungen für Kleinserien- und Nischenhersteller,
- Mehrfachanrechnung für besonders effiziente Fahrzeuge (Super Credits).
Entscheidend für die Erreichung der Konzernziele ist jedoch die technologische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Konzerns, die sich unter anderem in unserer Antriebs- und Kraftstoffstrategie widerspiegelt.
Aktuell erarbeiten die UNECE (United Nations Economic Commission for Europe) und die EU-Kommission einen weltweit harmonisierten Fahrzyklus.
Zu den wichtigen europäischen Verordnungen gehört auch die Real Driving Emission (RDE) für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Die Regulierung wird voraussichtlich bis Mitte 2016 ausgearbeitet und soll in der EU beginnend ab September 2017 Grenzwerte für Stickoxid- und Feinstaub-Emissionen festlegen. Diese Grenzwerte müssen im realen Straßenverkehr eingehalten werden. Dadurch unterscheidet sich RDE im Testverfahren grundlegend von der weiterhin geltenden Euro-6-Norm, bei der die Grenzwerte auf dem Prüfstand verbindlich sind. Die RDE-Regulierung soll vor allem die Luftqualität in urbanen und verkehrsnahen Räumen verbessern. Sie wird zu erhöhten Anforderungen an die Abgasnachbehandlung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen führen.
Zu den wesentlichen weiteren Regulierungen der EU, von denen die Automobilindustrie betroffen ist, zählen beispielsweise die
- EU-Typengenehmigungs-Rahmenrichtline (2007/46/EG),
- EU-Richtlinie (2009/33/EG) zur Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (Green Procurement Directive),
- EU-Richtlinie (2006/40/EG) zu Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen,
- Energieverbrauchskennzeichnungs-Richtlinie (1999/94/EG) „Labeling“,
- Kraftstoffqualitätsrichtlinie „FQD“ (2009/30/EG) zur Aktualisierung der Kraftstoffqualitätsvorschriften und Einführung von Energieeffizienzvorgaben für die Kraftstoffherstellung,
- Erneuerbare-Energien-Richtlinie „RED“ (2009/28/EG) zur Einführung von Nachhaltigkeitskriterien,
- Revision der Energiebesteuerungsrichtlinie (2003/96/EG) zur Aktualisierung der Mindestbesteuerungssätze für alle Energieprodukte und Strom.
Die CO2-Regulierungen in Europa werden von der Umsetzung der vorgenannten Richtlinien durch die EU-Mitgliedstaaten flankiert. Adressat ist neben den Fahrzeugherstellern beispielsweise die Mineralölindustrie. Eine ähnliche Lenkungswirkung hat die Kfz-Besteuerung auf Basis des CO2-Ausstoßes: Viele EU-Mitgliedstaaten haben bereits CO2-Kriterien in ihre Regelwerke zur Kfz-Besteuerung aufgenommen.
Ab 2014 erstmals in Betrieb genommene schwere Nutzfahrzeuge unterliegen bereits den verschärften Emissionsanforderungen nach der Euro-6-Norm gemäß EU-Verordnung Nr. 582/2011. Parallel zur CO2-Gesetzgebung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bereitet die EU eine weiterführende CO2-Regulierung für schwere Nutzfahrzeuge vor. Eine reine Grenzwertsetzung wie bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ist bei diesen Fahrzeugen nur eine Option, die aufgrund der hohen Variantenvielfalt ein sehr komplexes Regelwerk erfordern würde. Derzeit erarbeitet die EU-Kommission mit Unterstützung unabhängiger wissenschaftlicher Institute und der European Automobile Manufacturers’ Association (ACEA) ein simulationsbasiertes Verfahren namens VECTO (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool), mit dem die CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge über 7,5 t entsprechend ihren typischen Einsatzgebieten (Kurz-, Regional-, Verteiler- und Langstreckentransporte, Baustellen- und Kommunalverkehr beziehungsweise Stadt-, Überland- und Reisebus) bestimmt werden können. Dieses Verfahren soll die Basis für konkrete Regulierungsvorschläge der EU-Kommission sein, die im Laufe des Jahres 2016 erwartet werden. Ab voraussichtlich 2018, spätestens aber 2019, ist mit einer verpflichtenden CO2-Deklaration für ausgewählte Fahrzeugklassen (zunächst Fern- und Regionalverteilerverkehr, später auch Busse und weitere Segmente) zu rechnen, wobei die erhobenen Werte zunächst zur Kundeninformation für die Vergleichbarkeit, für die Zertifizierung und für das Monitoring verwendet werden sollen. Es ist zu erwarten, dass künftig weitere Fahrzeugklassen einbezogen werden.
Die Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge setzen sich für eine allen zugängliche Quantifizierung der CO2-Werte ein, die das Gesamtfahrzeug und nicht nur den Motor oder das Zugfahrzeug betrachtet, sondern auch die Anhänger und Aufbauten einbezieht. Die Transparenz soll den Wettbewerb um kraftstoff- und damit CO2-effizientere Nutzfahrzeuge erhöhen und in der Folge CO2-Emissionen senken.
Im Rahmen der Bemühungen um die Reduktion des CO2-Ausstoßes schwerer Nutzfahrzeuge hat die EU-Kommission auch die Vorschriften zu den höchstzulässigen Abmessungen und Gewichten von Lkw (Richtlinie 1996/53/EG „Maße und Gewichte“) angepasst und durch die EU-Richtlinie 2015/719 überarbeitet. Demzufolge wird zukünftig durch abgerundete Fahrerhausformen und das Anbringen von Luftleiteinrichtungen am Heck des Fahrzeugs eine verbesserte Aerodynamik möglich sein. Gleichzeitig soll über die Verlängerung des Fahrerhauses das Sichtfeld des Fahrers erweitert werden, um die Sicherheit zu erhöhen. Außerdem hat der Gesetzgeber die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts für Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien um bis zu eine Tonne erlaubt. Die konkreten technischen Anforderungen bei der Entwicklung aerodynamischer und sicherer Fahrerhäuser stehen derzeit noch nicht fest und werden erst in den kommenden zwei Jahren definiert.
Die europäische Nutzfahrzeugindustrie befürwortet die Ziele, CO2-Emissionen zu reduzieren und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Allerdings spielen nicht nur neue Fahrzeuge eine Rolle bei der Entwicklung der CO2-Emissionen; auch einzelne Komponenten sind von Bedeutung, etwa rollwiderstandsoptimierte Reifen und die aerodynamische Verkleidung des Anhängers, aber auch das Fahrverhalten, alternative Kraftstoffe, die Verkehrsinfrastruktur und die Transportbedingungen. In einem Feldversuch sind derzeit Lang-Lkw auch auf deutschen Straßen unterwegs, die gemäß wissenschaftlichen Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen bis zu 25 % Kraftstoff und damit CO2-Emissionen einsparen können.
Im Segment Power Engineering hat die Internationale Maritime Organisation (IMO) im Rahmen des internationalen Übereinkommens zur Reduzierung der Meeresverschmutzung die Umweltschutzregelung MARPOL (MARine POLlution) für Schiffsmotoren festgelegt, mit der stufenweise die zulässigen Emissionen abgesenkt werden. Darüber hinaus gelten zum Beispiel Emissionsgrenzwerte nach EU-Richtlinie 1997/68/EG sowie nach den Vorschriften der US-amerikanischen EPA (Environmental Protection Agency). Bezüglich stationärer Anlagen gibt es weltweit eine Vielzahl nationaler Regelwerke, die die zulässigen Emissionen begrenzen. Die Weltbankgruppe hat am 18. Dezember 2008 in den „Environmental, Health and Safety Guidelines for Thermal Power Plants“ Grenzwerte für Gas- und Dieselmotoren festgelegt, die dann anzuwenden sind, wenn einzelne Staaten keine oder weniger strenge nationale Vorschriften erlassen haben. Zudem haben die Vereinten Nationen bereits 1979 die „Convention on Long-range Transboundary Air Pollution“ verabschiedet und Obergrenzen für die Gesamtemission sowie Stickoxid-Grenzwerte für die Vertragsstaaten (unter anderem alle EU-Staaten, weitere Länder Osteuropas sowie die USA und Kanada) festgelegt. Bei der Weiterentwicklung des Produktprogramms im Segment Power Engineering liegt ein Schwerpunkt auf der Verbesserung der Effizienz von Anlagen und Systemen.
Mit Beginn der dritten Handelsperiode des Emissionshandels (2013 bis 2020) hat sich das Zuteilungsverfahren für Emissionszertifikate grundlegend geändert. Seit 2013 werden grundsätzlich alle Emissionsberechtigungen für Stromerzeuger kostenpflichtig versteigert. Für das produzierende Gewerbe und bestimmte Energieerzeugungsanlagen (zum Beispiel Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen) wird auf Basis von EU-weit geltenden Benchmarks eine Teilmenge von Zertifikaten kostenlos zugeteilt. Die kostenfreie Zuteilung nimmt mit Voranschreiten der Handelsperiode stetig ab, benötigte Restmengen an Zertifikaten müssen kostenpflichtig ersteigert werden. Weiterhin können Anlagenbetreiber ihre Verpflichtung, Emissionsberechtigungen vorzuhalten, zum Teil auch durch Zertifikate aus Klimaschutzprojekten (Joint Implementation und Clean Development Mechanism Projects) erfüllen.
Für bestimmte (Teil-)Industriesektoren, in denen aufgrund der geänderten Vorgaben des Emissionshandels eine Produktionsverlagerung in das außereuropäische Ausland droht (Carbon Leakage), wird für den Zeitraum von 2013 bis 2020 auf Basis der EU-weit geltenden Benchmarks eine konstante Zertifikatsmenge kostenlos zugeteilt. Der Automobilsektor wurde in die neue Carbon-Leakage-Liste aufgenommen, die 2015 in Kraft trat. In welchem Umfang der Volkswagen Konzern zusätzliche kostenfreie Zertifikate erhalten wird, ist noch unklar.
Die EU-Kommission hat 2013 beschlossen, eine Teilmenge der zu versteigernden Zertifikate zunächst zurückzuhalten und erst zu einem späteren Zeitpunkt während der dritten Handelsperiode zur Versteigerung freizugeben (Backloading). Diese temporäre Verknappung von Zertifikaten, die eine Preissteigerung nach sich ziehen kann, wird in eine Marktstabilitätsreserve überführt, die 2018 eingerichtet wird. Die Reserve soll zukünftig ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von Zertifikaten innerhalb des Emissionshandels ausgleichen.
Neben der Europäischen Union überlegen auch andere Länder, in denen der Volkswagen Konzern Produktionsstandorte hat, ein Emissionshandelssystem einzuführen. In China beispielsweise werden sieben entsprechende Pilotprojekte durchgeführt, von denen der Volkswagen Konzern bisher aber nicht betroffen ist. Die chinesische Regierung plant, diese Pilotprojekte zu einem nationalen Emissionshandelssystem auszubauen.