Wesentliche Ereignisse
Am 18. September 2015 informierte die US-amerikanische Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) in einer „Notice of Violation“ die Öffentlichkeit, dass bei Abgastests an bestimmten Fahrzeugen mit Dieselmotoren des Volkswagen Konzerns Unregelmäßigkeiten bei Stickoxid (NOx)-Emissionen festgestellt wurden. Volkswagen wird vorgeworfen, bei bestimmten Vierzylinder-Dieselmotoren der Baujahre 2009 bis 2015 im Prüfstandsbetrieb mittels einer nicht angegebenen Motorsteuerungssoftware die US-amerikanischen Vorgaben zu NOx-Emissionen umgangen zu haben, um die Zulassungsbedingungen zu erfüllen. Die Umweltbehörde des US-Bundesstaates Kalifornien California Air Resources Board (CARB) kündigte im gleichen Zusammenhang eigene Untersuchungen an. Im Zuge der Veröffentlichungen von EPA und CARB nahmen Behörden weltweit in weiteren Rechtsordnungen ihre eigenen Untersuchungen auf.
In seiner Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 informierte der Volkswagen Konzern darüber, dass Fahrzeuge mit Vierzylinder-Dieselmotoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen Auffälligkeiten bezüglich ihrer NOx-Emissionen aufweisen. Ursache ist eine innermotorische Steuerungssoftware. Diese Fahrzeuge waren und sind technisch sicher und fahrbereit.
Für die drei europäischen Varianten des betroffenen Motortyps EA 189 stehen technische Lösungen bereit, die vom deutschen Kraftfahrtbundesamt gegenüber der Volkswagen AG und der AUDI AG grundsätzlich genehmigt wurden. Die Konzernmarken SEAT und ŠKODA haben von den jeweils zuständigen Typgenehmigungsbehörden – dem Spanischen Industrieministerium und der Vehicle Certification Agency in Großbritannien – ebenfalls grundsätzliche Genehmigungen erhalten.
In Nordamerika sind drei Varianten bestimmter Vierzylinder-Dieselmotoren betroffen. Aufgrund deutlich strengerer NOx-Grenzwerte ist es in den USA eine größere technische Herausforderung, die Fahrzeuge so umzurüsten, dass alle gültigen Emissionsgrenzen eingehalten werden. Volkswagen befindet sich in intensivem Austausch mit den Behörden EPA und CARB zu angemessenen Abhilfemaßnahmen.
Am 2. November 2015 gab die EPA ebenfalls in Form einer „Notice of Violation“ bekannt, dass auch bei der Software von Fahrzeugen mit Dieselmotoren vom Typ V6 TDI mit 3,0 l Hubraum Unregelmäßigkeiten aufgedeckt worden seien. Auch in diesem Zusammenhang kündigte die CARB eigene Untersuchungen an.
Nach Gesprächen mit den Behörden EPA und CARB informierte Audi am 23. November 2015 die Öffentlichkeit darüber, dass Parameter der Software überarbeitet werden, um sie in den USA erneut zur Genehmigung vorzulegen. Die technischen Lösungen werden umgesetzt, sobald sie von den Behörden freigegeben sind. Betroffen sind rund 113 Tsd. Fahrzeuge der Modelljahre 2009 bis 2016 der Marken Audi, Volkswagen Pkw und Porsche in den USA und Kanada.
Die weltweiten Lösungen umfassen je nach Baureihe, Modelljahr und Land zurzeit Software- und teilweise Hardware-Maßnahmen sowie Rückkäufe. In der Folge hat der Volkswagen Konzern direkt mit der Dieselthematik zusammenhängende Aufwendungen in Höhe von insgesamt 16,2 Mrd. € im Operativen Ergebnis erfasst. Dies erfolgte überwiegend durch die Einstellung von Rückstellungen zur Durchführung von Feldmaßnahmen (Servicemaßnahmen und Rückrufe) beziehungsweise Rückkäufen in Höhe von 7,8 Mrd. € sowie mit 7,0 Mrd. € für Rechtsrisiken. Des Weiteren waren für Wertminderungen von Vermögenswerten 0,8 Mrd. € und für die in direktem Zusammenhang mit der Dieselthematik stehenden Vertriebsprogramme Aufwendungen in Höhe von 0,6 Mrd. € zu erfassen. Die Bewertung der Rückstellungen berücksichtigt den aktuellen Diskussionsstand mit den zuständigen Behörden und basiert soweit möglich auf Erfahrungen aus der Vergangenheit und auf Einschätzungen in Abhängigkeit der technischen Komplexität der betreffenden Abstellmaßnahme. Von den Aufwendungen wurden 0,9 Mrd. € innerhalb der Vertriebskosten und 7,0 Mrd. € innerhalb der Sonstigen betrieblichen Aufwendungen erfasst. Die übrigen Aufwendungen sind den Kosten der Umsatzerlöse zugeordnet. Erläuterungen zu den mit der Dieselthematik verbundenen rechtlichen Risiken befinden sich unter dem Abschnitt „Rechtsstreitigkeiten“. Aufgrund der laufenden Untersuchungen unterliegt die Beurteilung der Sachverhalte Einschätzungsrisiken. Insbesondere die Konkretisierung der technischen Maßnahmen in den USA und Kanada und der Rechtsrisiken kann zu erheblichen Änderungen in den Einschätzungen führen.
Des Weiteren waren in diesem Zusammenhang aufgrund interner Risikovorgaben Sicherungsbeziehungen aufzulösen. Die bisher angefallenen kumulierten Gewinne und Verluste aus den betroffenen Sicherungsinstrumenten werden gemäß IAS 39.101(b) bis zum Eintritt der vorhergesehenen Transaktion weiterhin im Eigenkapital ausgewiesen.
Das Geschäftsjahr 2014 ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand von den Auswirkungen der Dieselthematik nicht betroffen. Auch nach Veröffentlichung der International Council on Clean Transportation (ICCT)-Studie im Mai 2014 wurden die Auffälligkeiten nach derzeitigem Erkenntnisstand von den damals zuständigen Vorstandsmitgliedern zunächst als technisches Problem betrachtet, welches sich nicht grundlegend von anderen, in einem Automobilkonzern zum Alltag gehörenden, technischen Problemen unterschied. Bei den in den Folgemonaten durchgeführten, internen Abgasmessungen wurden die der ICCT-Studie zugrunde liegenden Prüfanordnungen wiederholt und die ungewöhnlich hohen NOx-Emissionen bestätigt. Dieses Ergebnis wurde der CARB mitgeteilt und gleichzeitig angeboten, im Rahmen einer ohnehin geplanten Servicemaßnahme in den USA eine Neukalibrierung der Dieselmotoren vom Typ EA 189 vorzunehmen. Diese Maßnahme wurde durch den Ausschuss für Produktsicherheit (APS), dem unter anderem Mitarbeiter der Bereiche Technische Entwicklung, Qualitätssicherung, Vertrieb, Produktion, Logistik, Beschaffung und Rechtswesen angehören, im Rahmen der im Konzern bestehenden Prozesse bewertet und beschlossen. Dem APS kommt im internen Kontrollsystem der Volkswagen AG somit eine zentrale Rolle zu. Es gibt derzeit keine belastbaren Erkenntnisse, dass aus dem APS den für die Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses 2014 verantwortlichen Personen eine unzulässige Software-Veränderung als Ursache der Auffälligkeiten berichtet wurde. Vielmehr war weiterhin die Erwartung dieses Personenkreises zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses, dass die Auffälligkeiten im Rahmen einer Feldmaßnahme mit vergleichsweise geringem Aufwand zu beheben seien. Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden die konkreten Hintergründe der Auffälligkeiten für die mit der Sache befassten Vorstandsmitglieder erst sukzessive deutlich. Erst im Sommer 2015 wurde belastbar erkannt, dass Ursache für die Auffälligkeiten eine Software-Veränderung war, welche als sogenanntes „Defeat Device“ im Sinne des US-amerikanischen Umweltrechts zu qualifizieren ist. Dies mündete in der Offenlegung des „Defeat Device“ gegenüber der EPA/CARB am 3. September 2015. Die in der Folge zu erwartenden Kosten für den Konzern (Rückrufkosten, Nachrüstungskosten und Strafzahlungen) bewegten sich nach damaliger Einschätzung der mit der Sache befassten Vorstandsmitglieder nicht in einem grundlegend anderen Umfang wie in früheren Fällen, in die andere Fahrzeughersteller involviert waren, und erschienen deshalb mit Blick auf die Geschäftstätigkeit des Konzerns insgesamt beherrschbar. Diese Beurteilung der Volkswagen AG fußte auf der Einschätzung einer in den USA für Zulassungsfragen einbezogenen Anwaltssozietät, wonach ähnlich gelagerte Fälle in der Vergangenheit mit den US-Behörden einvernehmlich gelöst werden konnten. Erst mit der aus Sicht von Volkswagen überraschenden Veröffentlichung einer „Notice of Violation“ durch die EPA am 18. September 2015 über den Sachverhalt und die möglichen finanziellen Auswirkungen stellte sich die Situation dann deutlich anders dar.