Neue Energie

Künftige Elektrofahrzeuge können deutlich mehr Strom speichern und den Akku ohne Zutun des Fahrers während des Parkens aufladen. Oder sie erzeugen die Energie gleich per Brennstoffzelle an Bord. Drei junge Wissenschaftler aus der Volkswagen Konzernforschung berichten über ihre Arbeit am Antrieb der Zukunft.

Text: Johannes Winterhagen  ___  Fotografie: Andreas Mader, Roderick Aichinger

San Francisco. Wie kann die Reichweite von Elektroautos erhöht werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Dr. Angela Speidel (36). Für die Volkswagen Konzernforschung geht die Chemikerin im Silicon Valley neuen Batterietechnologien nach, die eine höhere Speicherkapazität und somit eine höhere Reichweite versprechen. Die Batterieforscherin arbeitet dabei eng verzahnt mit Wissenschaftlern innovativer Unternehmen zusammen: Immer wieder steht sie in deren Laboren und erprobt mit ihnen, ob neue Materialkombinationen die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen. Dabei gilt: „Für uns Forscher ist es auch wichtig zu lernen, was nicht geht.“ So hat sich beispielsweise gezeigt, dass Lithium-Sauerstoff-Batterien derzeit keine Option für den Automobilbau darstellen. Gerade verfolgt Speidel einen alternativen Ansatz: die Feststoffbatterie. Zusammen mit dem Start-up-Unternehmen QuantumScape arbeitet sie an einem Akku, bei dem als Elektrolyt keine Flüssigkeit, sondern ein Festkörper zum Einsatz kommt. Damit ließe sich, bei identischem Batteriegewicht, die Reichweite deutlich erhöhen. Bewährt sich diese Idee, würden künftige Elektroautos deutlich alltagstauglicher werden.

Wolfsburg. Schon während des Studiums im polnischen Lodz war der Nachrichtentechniker Wojciech Derendarz (33) fasziniert von den Möglichkeiten des automatisierten Fahrens. 2011 übernahm er in der Volkswagen Konzernforschung das Projekt „V-Charge“: Künftig soll der Fahrer sein Elektroauto an der Schranke zur Tiefgarage abstellen können. Es findet dann autonom seinen Weg zu einem freien Stellplatz, auf dem auch gleich die Batterie aufgeladen werden kann – und zwar kabellos über Induktion, so wie es zum Beispiel bei elektrischen Zahnbürsten üblich ist. Innerhalb eines europäischen Verbundforschungsvorhabens, in das mehrere Hochschulen und Technologielieferanten eingebunden waren, koordinierte Derendarz die Integration der kompletten Hard- und Software im Fahrzeug. Dabei zeigte sich, dass das hoch automatisierte Fahren im Parkhaus mit seriennahen Sensoren zuverlässig funktioniert. „Im Jahr 2020 kann so etwas in Serie gehen“, meint Derendarz. Mittlerweile gibt es sogar schon ein Folgeprojekt. Untersucht wird, ob die für Parkhäuser entwickelte Technik auch in Tempo- 30-Zonen auf öffentlichen Straßen funktionieren könnte.

Isenbüttel. Die Chemie-Ingenieurin Dr. Miriam Stiefel (35) ist überzeugt: „Die Brennstoffzelle kann zur echten Alternative für emissionsfreie Langstreckenmobilität werden.“ Denn Brennstoffzellen erzeugen Strom aus Sauer- und Wasserstoff, dabei entsteht als „Abfallprodukt“ lediglich Wasser. Im Technologiezentrum Elektrotraktion von Volkswagen untersucht Stiefel das Herz des Antriebs, den sogenannten „Brennstoffzellen-Stapel“. Denn eine einzelne Brennstoffzelle ist nur wenige Millimeter dick und erzeugt nur eine geringe elektrische Spannung. Erst wenn Hunderte Zellen übereinander gestapelt und in Reihe geschaltet werden, kann damit ein Auto angetrieben werden. Die Untersuchungen, die Stiefel auf speziellen Prüfständen durchführt, dienen vor allem dazu, neue Materialkombinationen zu testen. Damit die Reaktion zwischen Sauer- und Wasserstoff in den Zellen in Gang kommt, enthalten diese als Katalysator das teure Edelmetall Platin. Ziel ist es, den benötigten Platinanteil zu reduzieren, damit die Brennstoffzelle kostengünstiger produziert werden kann. „Vielleicht kommen wir eines Tages auch ganz ohne Platin aus, aber das ist noch ein echtes Forschungsthema“, so Stiefel.